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Seeing

Verfasst: 01.03.2015, 07:43
von TONI_B
Die Anmerkung von Michael:
HHV hat geschrieben:Danke für die anerkennenden Worte und ja, seeing war - jetzt lokale Tabelle/Bewertung, so 7-8 von 10 was bei mir möglich ist. Nur eben 2014 hatte ich einen noch "ruhigeren" Jupiter, dem ich eine 9 von 10, was bei mir möglich ist, geben würde...
hat mich dazu bewogen mir Gedanken über das Seeing zu machen: Wenn du eine Skala von 1-10 nimmst, meinst du die "Pickering-Skala"?
Der gute Herr Pickering hatte ja auch ein 10" Gerät. Wenn ich mir diese Darstellungen anschaue, komme ich bei mir bestenfalls auf 3-4! Egal, ob mit dem 12"RC oder mit dem 120er ED. 2014 hatte ich auch einmal 5-6, aber sicher nicht besser... :twisted:

Bevor ich die Hütte gebaut hatte, dachte ich, dass es lokales Seeing ist, weil ich auf einer Terrasse beobachte, die die ganze Nacht die Wärme speichert und abgibt und nie ins thermische Gleichgewicht kommt bzw. vom Haus her Turbulenzen kommen. Jetzt habe ich die Hütte, die - wie meine permanenten Temperaturmessungen zeigen - eigentlich immer auf +/- 0,5°C thermisch mit der Umgebung ausgeglichen ist. Gerade im Winter ist der Temperaturhub so klein, dass auch die Geräte sehr schnell auskühlen. Dann dachte ich der 12"RC hat starkes Tubus-Seeing. Also habe ich den Tubus isoliert und lassen den Lüfter vor Beginn der Beobachtung lange laufen. Auch egal, denn das Seeing schaut im 120er ED genau gleich (schlecht!) aus. Sogar im 50mm Sucher zur Nachführung mit der ALCCD5L-IIc hüpfen die Sterne wie wild herum bzw. mit freiem Auge funkeln die Sterne so "schön". Dabei steht meine Hütte mitten in der Wiese und ich schaue über keine Häuser, sondern über Gras und Wald!

Ich dachte immer, Seeing setzt sich aus dem lokalen und dem atmosphärischen Anteil (Jet-Stream usw.) zusammen. Wenn ich jetzt davon ausgehe, dass die lokalen Voraussetzungen (Hütte usw.) halbwegs in Ordnung sind und die atmosphärischen Bedingungen über 50-100km in etwa gleich sein sollten, verstehe ich nicht, warum gleichzeitig mit kleineren Geräten wesentlich bessere Bedingungen herrschen... :roll:

Was sind eure Erfahrungen?
Wie hoch kommt ihr auf der Pickering-Skala?

Re: Seeing

Verfasst: 01.03.2015, 08:50
von HHV
Guten Morgen Toni!

JA, ich hatte mich da auf die Pickering-Skala bezogen. Da, wie eh von mir geschrieben, ich nicht in einer hochgelegenen, trockenen Steinwüste aufnehme, bezog ich mich auf eine eigene, lokale Seeing-Skala.

10 für das beste, bis dato nicht erlebte, den Rest was eben wirklich und nicht nur theoretisch vor meinem Haus möglich ist, wie eben die Pickering-Skala, wo du ja selbst geschrieben hast, - "so ruhig sind die Sterne bei mir nie". Bei mir auch nicht.

:twisted: :mrgreen:

LG,
Michael S.

Re: Seeing

Verfasst: 01.03.2015, 09:01
von TONI_B
HHV hat geschrieben:JA, ich hatte mich da auf die Pickering-Skala bezogen. Da, wie eh von mir geschrieben, ich nicht in einer hochgelegenen, trockenen Steinwüste aufnehme, bezog ich mich auf eine eigene, lokale Seeing-Skala...
Na, ja - aber die Pickering-Skala sagt ja ohnehin, dass 9-10 defacto in Europa nicht möglich sind. Mich würde interessieren wie eure Sternabbildungen ausschauen, wenn man sie mit der PickeringSkala vergleicht, denn da habe ich meist 1-2 und selten 3-4.

Re: Seeing

Verfasst: 01.03.2015, 09:05
von HHV
TONI_B hat geschrieben:
HHV hat geschrieben:JA, ich hatte mich da auf die Pickering-Skala bezogen. Da, wie eh von mir geschrieben, ich nicht in einer hochgelegenen, trockenen Steinwüste aufnehme, bezog ich mich auf eine eigene, lokale Seeing-Skala...
Na, ja - aber die Pickering-Skala sagt ja ohnehin, dass 9-10 defacto in Europa nicht möglich sind. Mich würde interessieren wie eure Sternabbildungen ausschauen, wenn man sie mit der PickeringSkala vergleicht, denn da habe ich meist 1-2 und selten 3-4.

Guten Morgen Toni!

Also wenn ich die animierten Bilder der Pickering-Skala mit dem Live-View meiner SLR vergleiche, was ich ja beim Scharfstellen machen, würde ich sagen ich komme auf 6 im allerallerbesten Falle.

LG,
Michael S.

Re: Seeing

Verfasst: 01.03.2015, 10:48
von TONI_B
HHV hat geschrieben:Also wenn ich die animierten Bilder der Pickering-Skala mit dem Live-View meiner SLR vergleiche, was ich ja beim Scharfstellen machen, würde ich sagen ich komme auf 6 im allerallerbesten Falle...
Da war ich noch nie... :cry:

Re: Seeing

Verfasst: 01.03.2015, 10:58
von Josef
Morgen die Herren!

Liege da auch meist im Bereich von 1-4.
Bei der letzten visuellen Mondbeobachtung vor ein paar Tagen hatte ich trotz hohem Stand
unseres Trabanten das Gefühl ich habe den Tubus mit Wasser aufgefüllt! :cry: :cry: :cry:

Re: Seeing

Verfasst: 01.03.2015, 11:19
von TONI_B
Das Eigenartige ist meine Erinnerung: vor 20 Jahren mit einem 10" Meade SC (f/6,3), das optisch nicht wirklich gut war, hatte ich oft ein seeing mit 6-8/10. Ich kann mich noch gut an die Beugungsringe erinnern. Aber jetzt? Bei 12"RC habe ich noch nie einen Beugungsring gesehen, dabei sollte der aufgrund des großen Sekundärspiegels ja deutlich ausgeprägt sein. Aber es wabbert nur wie wild herum.

Re: Seeing

Verfasst: 01.03.2015, 12:38
von Sternfreund
also Martin hat mir mal
von einem Experiment mit einer wärmebildkamera berichtet bei
dem über die Dämmerung bis in die Nacht ein timelapse
gemacht wurde.
das Ergebnis war dass die Hausdächer ausgekühlt waren während die Wiese
die ganze Nacht gestrahlt hat...

vielleicht ein Grund bei dir Toni.

Re: Seeing

Verfasst: 01.03.2015, 13:12
von tommy_nawratil
hallo,

habe im Scientific American eine mögliche Erklärung dazu gelesen, vom Boss von wunderground.com

durch die signifikante Erwärmung der über dem Pol liegenden Hadley Zelle funktioniert die Fokussierung des zwischen
den Hadley Zellen laufenden Jet Streams nicht mehr so gut wie früher. Das bedeutet er beginnt zu mäandern und
sich über Europa zu zerfleddern. Früher lief er etwas stabiler über Island Richtung Skandinavien.

hier eine Seite mit Jetstream forecast bis 16 Tage:
http://www.netweather.tv/index.cgi?acti ... ream;sess=

Das Seeing ist so vielgestaltig, dass eine einfache Skala von 1-10 dem eigentlich nicht gerecht werden kann.
Der Jetstream verursacht schnelles Zerfasern des Sternscheibchens, oft ist die Strömung direkt sichtbar,
und man kann sogar darauf fokussieren. Etwas unterhalb unendlich.
Dann gibt es Seeing, wo der Stern in ein Wattebäuschchen von schnell tanzenden Speckles zerfällt,
ohne dass eine Strömung sichtbar ist. Er ist einfach wie unscharf.
Dann gibt es Seeing wo die Details langsam hin und her wanken, oft mit Doppelbildern - die Wellenfront ist nur sanft verformt.

Das langsame Seeing kann man visuell gut nutzen, videographisch ist es wegen der Doppelbilder problematisch.
Die Software kann nicht zwischen Einfach und Doppelstrukturen unterscheiden. Händisch sortieren hilft...

Lokales Seeing ist auch sehr wichtig. Gestern hatte ich mein C11 draussen, und zwischen 22 und 23h waren die Jupitermonde
ganz konzentrierte lichtpünktchen, aus denen nur hie und da ein kleiner Lichtfleck entwich. Jupiter mit vielen Details.
Nach 23h blähten sich die Monde zusehends auf, die Mondpunkte waren von einem mehr oder weniger beständigen Halo umgeben.
Details auf Jupiter verschwanden, dafür war der GRF dann sichtbar. Ich bin nur ein paar km Luftlinie von Toni entfernt.

lg Tommy

Re: Seeing

Verfasst: 01.03.2015, 13:32
von Ephemeris
TONI_B hat geschrieben: 10" Meade SC (f/6,3)
Sowas steht bei mir in der Sternwarte. :D Schaut euch die Mondbilder an was damit geht überrascht mich immer wieder. Ich hab das Teil natürlich getunt. Spannfeder am Blendrohr, dadurch kaum ein Spiegelshifting. Graphitfett, statt Teflon. Velour im Tubus. Und Beugungsringe hatte ich schon sehr deutlich getrennt gesehen. Wie das Seeing bei mir auf der Pickering Skala bei mir ist werde ich demnächst mal dokumentieren.
@Arno, Da hast du sicher recht. Der Boden speichert die Wärme natürlich besser und gibt sie Nachts an die Umgebung ab, als ein gut isoliertes Dach. Das Problem bei mir sind die Heizungen, die laufen die ganze Nacht durch.

Re: Seeing

Verfasst: 01.03.2015, 15:03
von TONI_B
tommy_nawratil hat geschrieben:Lokales Seeing ist auch sehr wichtig. Gestern hatte ich mein C11 draussen, und zwischen 22 und 23h waren die Jupitermonde
ganz konzentrierte lichtpünktchen, aus denen nur hie und da ein kleiner Lichtfleck entwich. Jupiter mit vielen Details.
Nach 23h blähten sich die Monde zusehends auf, die Mondpunkte waren von einem mehr oder weniger beständigen Halo umgeben.
Details auf Jupiter verschwanden, dafür war der GRF dann sichtbar. Ich bin nur ein paar km Luftlinie von Toni entfernt.
Ich habe von 18:30-20:30 den Mond versucht: relativ sinnlos. Ok, ein Mosaik mit 1500mm schaut nicht so schlecht aus, aber sogar im Primärfokus vom 12"RC war es extrem unruhig. Dann nach Mitternacht war es beim Jupiter zwar etwas besser, aber Beugungsscheibchen? Keine Chance- auch nicht im 120er ED. Nur wildes Gewabber. Wahrscheinlich habe gerade die eine Stunde zwischen 22 und 23 Uhr verpasst... :twisted: :wink: