Beobachtungsbericht vom 23. Juli 2019

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Alrukaba
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Beobachtungsbericht vom 23. Juli 2019

Beitrag von Alrukaba »

Hello darkness, my old friend
I've come to talk with you again!

Seit langem war ich wieder mal, nicht am Hochbärneck, sondern in einer dunklen Gegend meiner neuen Heimat unterwegs, in die ich vor gut eineinhalb Jahren gezogen bin. Es tat gut, seid doch längerer Zeit, wieder mal fernab jeden Trubels, der am Hochbärneck oft herrscht, sein Teleskop in den Himmel zu richten.
Ich war nicht das erste Mal hier. Theresa und ich hatten den Platz im Herbst des Vorjahres bei einem Spaziergang entdeckt. Ein paar Wochen später hab ich den Ort mal bei Nacht aufgesucht, aber ohne Teleskop. Ich wollte lediglich mit dem Feldstecher ein wenig schaun und eventuell ein paar Fotos machen, aber es ging mir zu viel Wind.

In restless dreams I walked alone
narrow streets of cobblestone!

Ich war zwar nicht alleine, aber teilweise auf holprigen Straßen unterwegs. Damals wie heute war ich erst ganz oben im Rottal. Aber damals, wie auch heute, war ich dafür zu früh unterwegs. Es war noch zu hell, um zu beobachten und es dauerte mir zu lange, um zu warten, bis es finster werden würde. Beobachten wollte ich hier ohnehin nicht. Ich wollte nur schaun, wie dunkel hier der Himmel ist. Also fuhr ich zurück in Richtung Litschau bog im Gebiet Waldhäuser zwei Mal ab und da ging es über einen ziemlich holprigen Güterweg zu jenen Plätzchen, nördlich von Hörmanns.
Begleitet wurde ich übrigens von Theresa. Die 18 Grad, die wir hatten, zogen sie zwar oft ins Auto, aber sie zeigte sich sehr interessiert.
Rasche hatte ich mein Teleskop aufgestellt und kurz vor 10 hatte ich als Ersten Jupiter im Visier, der im Schlangenträger seine Bahnen zog. Ganymed, Europa und Io standen links von ihm, Kallisto rechts. Bei Saturn, der östlich von ihm, im Schützen zu finden war, konnte man sehr gut die Cassini Teilung erkennen. Titan stand rechts, über dem Ringträger.
Ich wollte gerade, mit dem 38mm Okular, Napoleons Hut im Bootes suchen, als ich im Augenwinkel etwas Helles herumwandern sah. Als ich mir das Objekt direkt anschaute, kam mir sofort die ISS in denn Sinn. Sie zog fast direkt von West nach Ost, kreuzte fast den Polarstern aber erst auf halben Weg zum Osthorizont bemerkte ich sie.
Danach suchte ich mir aber das Asterismus, das dem Hut des Korsen ähnlich sein soll. Ich brachte sogar Hut samt Arktur ins Okular. Auch Theresa konnte eine Kopfbedeckung erkennen.
Beim Kleiderbügel, im Füchschen, tat sie sich etwas schwerer, etwas zu erkennen, wo man seinen Mantel aufhängen kann. Naja, der hängt ja auch verkehrt rum am Himmel.
Da ich schon mal in der Gegend war, suchte ich mir gleich noch M 27, den Hantelnebel, ebenfalls in Reinekes Abbild. Auch da tat sich Theresa schwer, ein Trainingsgerät zu erkennen.
Danach holte ich das Ringerl von M 57, in der benachbarten Leier vom Himmel. Das war echt schön zu erkennen. Epsilon Lyra durfte da natürlich auch nicht fehlen. Auch die zwei Pärchen liesen sich gut trennen. Anschließend schwenkte ich noch um auf M 13, einen Kugelsternhaufen im Herkules, dessen Randbereiche sich schön auflösten.
Max hatte mich mal per WhatsApp auf ein paar Asterismen aufmerksam gemacht, unter anderen auch Napoleons Hut. Dabei hatte er auch einen Diamantring rund um den Polarstern erwähnt, der mein nächstes Ziel sein sollte. Tatsächlich war da ein Ring zu erkennen, der sich vom Kleinen Bären bis in den Kepheus reinzieht, mit Alrukaba als Diamant.
Max hatte in der Nachricht auch einen Drachen erwähnt, Kembels Drache. Ich dachte erst, er meint Kembels Kaskade, aber er sprach tatsächlich von einem Drachen, der ebenso, wie die Kaskade, in der Giraffe zu finden sein soll.
Tatsächlich ist der Drache, der einem Kinderdrachen, samt Schnur und Bändchen ähnelt, aber in der Cassiopeia, hart an der Grenze zum Langhals. Leicht zu finden war er nicht. Dazu kam, daß die Cassiopeia und die Giraffe sich in unterer Kulmination und damit ziemlich in Horizontnähe waren. Starhopping brachte mich schließlich ans Ziel.
Ich ging von Epsilon Cassiopeia, dem westlichsten Stern des Himmels W, übrigens ebenfalls ein Asterismus, aus und hielt mich weiter nach Westen. Der erste Hüpfer brachte mich, über einen helleren Stern nördlich der Linie, zu Jota Cassiopeia, einen schönen Dreifachsystem, dem ich mich später widmete. Von Jota Cassiopeia hüpfte ich, über eine Raute, die sich aus zwei Sternen, die wieder nördlich der Linie waren, zu Gamma Carmelopardalis. Und etwas östlich der Linie, von Gamma Carmelopardalis zu einem nördlich liegenden Stern, der die Westliche Seite der Raute bildet, fand ich den Drachen. Eigentlich befindet sich Kembels Drache etwas nördlich der Linie, vom westlichen Schenkel des Himmels W ausgehend, über Jota Cassiopeia zum Stern Gamma der Giraffe.
Das Jota Cassiopeia ein Dreifachsystem ist, verriet mir mein Sternatlas und wenn ich ihn bei meinem Gehüpfe schon mal als Trampolin benutze, schaute ich ihn mir auch gleich mal näher an. Jota Cas, ein weißer, 4,6 mag heller Stern, der in etwa 7“ Distanz von einem 8,7 mag hellen, orangen Komponenten C umrundet wird. Die Beiden stehen in einem schönen Kontrast zueinander. In nur 2,6“ Distanz findet man den wesentlich helleren Begleiter B, der mit 6,9 mag. ebenfalls, wie Jota, weiß leuchtet.
Das relativ gute Seeing ließ alle drei Sterne gute erkennen. Es bekommt von mir eine 2. Wir hatten ca. 18° und es war windstill. Die Grenzgröße lag zwischen 5 und 5,5 mag.
Zum Abschluß zeigte ich Theresa noch unsere Nachbargalaxie M 31 in der Andromeda und deren Begleiter sowie den Doppelhaufen h/chi im Perseus. Tief im Süden suchte ich mir noch M 8 den Lagunennebel und M 20, den Trifidnebel, beide im Schützen. Beide waren echte Hingucker.
Danach, gegen dreiviertel 12 packte ich zusammen. Während des Abbaus kreuzte noch einmal die ISS über den Himmel, diesmal von Nordwesten bis auf halben Weg zum Osthorizont und ich bemerkte sie wieder erst kurz vor ihrem Verschwinden im Erdschatten.
Ich denke, ich hab hier einen Platz gefunden, den ich in Zukunft öfter aufsuchen werde. Aber vielleicht finde ich im benachbarten Böhmen einen noch besseren, noch dunkleren Ort. Geben würde es davon mehr als bei uns aber auf jeden Fall tat es gut, wieder mal ohne Trubel durch´s Universum zu reisen und so fruendum ego ad nocte und ad Astra

and listened to the sounds of silence!

Beobachtet hab ich mit meinem AR 127 L mit 1200mm Brennweite und
meinem 10x50 Nokia Feldstecher
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Josef
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Re: Beobachtungsbericht vom 23. Juli 2019

Beitrag von Josef »

Hallo Alex,

feiner Bericht, hoffe Du bleibst aber dem Hochbärneck treu! :wink:
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Alrukaba
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Re: Beobachtungsbericht vom 23. Juli 2019

Beitrag von Alrukaba »

Owa sicha und danke!

Alex
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Re: Beobachtungsbericht vom 23. Juli 2019

Beitrag von Welser2011 »

Moin !

Feiner Bericht den Du uns hier präsentierst. Bei mir ist's auch schon extrem lange her wo ich richtig Beobachtet habe. Mit dem Bericht machst du mir nur mehr Guster :lol: .


LG. CS.

Nedim
Man kann es so oder so machen. Ich bin für so.

SW 150 Quattro, Eigenbau 20" f4 Astrograph
EQ8 R Pro
Zwo 220MM + OAG von QHY
QHY268M + LRGB SHO Antlia V- Pro

Astrobin - https://www.astrobin.com/users/NedimBevrnja/
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Alrukaba
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Re: Beobachtungsbericht vom 23. Juli 2019

Beitrag von Alrukaba »

Dankeschön und ich hoffe, wir hören bald von dir

Alex
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