Beobachtungsbericht vom 17. April 1020

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Alrukaba
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Beobachtungsbericht vom 17. April 1020

Beitrag von Alrukaba »

Man soll es nicht glauben, endlich fiel wieder mal klarer Himmel und Neumond auf ein gemeinsames Wochenende und Dank Eyjafjallajökull auch noch ganz ohne Kondensstreifen und, obwohl das sei dahingestellt, mit einem intensiveren Abendrot.
Es war wieder mal unser öffentlicher Abend und ich war eigentlich nur deswegen beobachten, weil Gerald kein Ladegerät für seinen Laptop bekommen hat, daß er auch am Zigarettenanzünder anschließen kann. Sonst wären wir zwei nämlich losgefahren und hätten ein paar Lichtmessungen im Ybbstal vorgenommen. Naja, dafür hatten wir eine tolle Beobachtungsnacht.
Gerald rief mich an, ob ich Heiner mitnehmen könnte, einem Neuling bei uns im Verein. Ich holte ihn ab und kurz vor 8 waren wir auf der Alm. Ganz unerwartet war Werner schon da und ein Besucher aus Wien, der hier fotografieren wollte. Ich ging sofort zu ihm hin um ihn zu begrüßen und er stellte sich als Dr. Walter Koprolin vor. Unten auf der Station baute Werner gerade das Mead auf. Ich pflanzte mein Gerät gleich daneben hin und hielt gleich mal nach Merkur Ausschau aber von dem war noch nichts zu sehen. Dafür konnten wir schon unsere, wenn auch einzigen Gäste, begrüßen. Zum einen Isabella, die 10 jährige Tochter einer der Kellnerinnen aus dem Almhaus und Hans, unser Nachbar aus dem Wildnisgebiet Dürrenstein bei der Wieselburger Jagd und Fischerei Messe.
Der drei Tage alte Mond stand halbhoch über dem Westhorizont und etwas tiefer die Venus. Sofort wurde diese anvisiert, und sie zeigte sich nicht ganz zu 90% beleuchtet. Irgendwo noch weiter unten müßte doch Merkur herumgrundeln. Hans war der erste, der ihn in seinem Feldstecher aufspürte und bald hatte ich ihn auch im Teleskop. Mit freiem Auge war er kaum auszumachen. Inzwischen waren auch Kurt und Hans auf der Station und warfen einen Blick auf den flinken Planeten, ehe er sich von der Bildfläche vertschüßte. Walter kam leider zu spät. Ich hatte gerade weggeschwenkt und hab ihn danach nicht mehr gefunden.
Kurt baute wieder mal seinen Dobson auf und Hans machte alles fürs fotografieren fertig. Bald wurde eine Kaffeerunde ins Auge gefasst aber erst wollte ich noch ein paar Objekte aufsuchen. Nachdem Merkur weg war schwenkte ich nochmal auf den Abendstern und danach auf den Mond. Der Terminator verlief ungefähr zwischen dem 45. und 50. Längengrad und streifte die Krater Asada, Tisserand sowie Franklin und Atlas. In südlicher Richtung lief er durch das Mare Fecunditatis und lange Schatten fielen in die Krater Colombo, Borda und Metius. Das Mare Crisium klebte, wie schon im März, immer noch am östlichen Rand und wurde von Cleomedes und Firmikus begrenzt.
Zwischen Mond und Venus standen die Plejaden und ich zeigte Hans Alcyon mit seinen drei Begleitern. Noch schnell ein Blick auf Mars und Saturn, ehe es ernst mit dem Kaffeekränzchen wurde.
Im Almhaus war überraschend viel los und bald wußten wir auch warum. Im Saal war eine Geburtstagsfeier und in der Gaststube war Schnitzelessen angesagt. 5 oder 6 verschiedene Schnitzel standen zur Auswahl und das zu einem vernünftigen Preis. Ich bestellte mir einen Kaffee und ließ mir eine Eierlikörtorte dazu schmecken. Auch Gerald war endlich da und wir sechs plauderten gut eine Stunde über Gott und die Welt.
Gegen ¼ nach 10 waren wir wieder auf der Station und ich schaute mir nochmal Saturn und Mars etwas genauer an. Die beiden kamen jetzt besser rüber als vorher und es gab keinerlei wabbern. Kunststück, jetzt war das Gerät ja auch ausgekühlt. Bei Saturn konnte ich schön die Wolkenbänder und vier seiner Monde erkennen. In Kurts Dobson waren es fünf, Titan, Tethys und Dione links, sowie Rhea rechts von ihm. Japetus stand direkt unter dem Ringplaneten. Bei genauen hinschaun konnte man auch die Cassiniteilung erkennen. Auf Mars drehte sich im Osten gerade das Syrtis Major aus dem Blickfeld während gegenüber das Valles Marineris auftauchte, die Noachis Terra lag dazwischen. Im Norden war schön das Acidalia Plantia und die Polkappe zu sehen und in der Mitte machte sich die Arabia Terra breit woran im Westen das Chryse Plantia grenzte.
Mars zog ja dieser Tage gerade bei M 44, der Krippe vorbei und die beiden boten einen wirklich schönen Anblick. Ich versuchte die beiden auf Foto festzuhalten aber dafür fehlt mir die Ausrüstung. Ich schraubte meine Kamera einfach auf die Rohrschelle meines Fernrohrs. Fast eine Stunde experimentierte ich herum. Wirklich brauchbar war dann nur ein Foto.
Natürlich mußte ich mir dann auch mal die Krippe durchs Rohr ansehn, herrlich wie immer. Kurt hatte in der Zwischenzeit mehrere Deep Sky Objekte im Visier, darunter M 51 und M 3 in den Jagdhunden, M53 im Haar der Berenice und den Sombreronebel in der Jungfrau. Weiters den Ringnebel in der Leier sowie M 109, NGC 3738, NGC 3736, M 108 und M 97 im Großen Bären. Die letzten beiden suchte ich mir schließlich auch und war überrascht, daß ich die kleine Eule bei mir auch noch so schön sehen konnte. Auch das nächste Pärchen fand ich im Bären, M 81 und M 82 und bekam gleich Lust auf eine Zigarre.
Werner und Hans hatten uns mittlerweile verlassen und ich machte mich auf, mal die Grenzgröße unseres Beobachtungsabends zu eruieren. Das mit müden Augen zu tun ist nicht so gut, mußte ich feststellen. Durchs gähnen hatte ich wässrige Augen und tat mir schwer HR 5829, 6,6 mag. im UMi direkt zu halten, indirekt war er kein Problem. Bei 24 UMi und HR 6173, 5,8 bzw. 5,6 mag., tat ich mir schon leichter. Das Seeing war ganz gut, sagen wir eine 2. Die Temperatur sank von ca. 10° um gut 5°, was sicher auch dem auffrischen Wind zu verdanken war, der in Laufe der Nacht richtig lästig wurde. Bei meinem Streifzug mit freiem Auge fiel mir vor allem der Coma Haufen auf. Die Milchstraße stach weniger ins Auge, die grundelte irgendwo entlang des Nordhorizonts herum. Danach stattete ich unseren Gast noch einen kurzen Besuch ab, der auch nicht mehr allein war. Howdii, sein Beobachtungskumpel, hat sich mit einem Dobson neben ihm auf dem Parkplatz positioniert. Wie Howdii im bürgerlichen Namen heißt, weiß ich leider nicht, aber vielleicht ist er ein Enkel von Günther Schifter.
Als ich wieder unter war, war Kurt gerade beim abbaun, er hatte am nächsten Tag was vor. Ich wollte nun die beiden Pärchen von vorhin toppen und was ist da höher? Nau a Trü oda glei a Poka und beide fand ich im Löwen. Erst nahm ich mir das Triplet vor, einfach herrlich und danach das Quartett, das auch nicht von schlechten Eltern war.
Gerald und Heiner machten sich dann auch auf den Weg und Hans ließ seinen Laptop die Arbeit machen und legte sich schlafen. Ich holte mir nochmals Mars ins Okular, der schon ziemlich tief stand und danach Saturn. Für den Abschluß suchte ich mir nun selber noch mal den Ringnebel und M 13 im Herkules. Beide waren auch im 8 mm Okular noch schön zu sehen.
Kurz nach 2 Uhr packte auch ich zusammen, schließlich stand um 9 Formel 1 auf dem Programm. Es tat gut, bei relativ guten Bedingungen und ganz ohne Flugzeuge zu beobachten. Das freute auch Hans und Walter, die fotografierten. Nicht so gut, waren die vielen Autos, die ständig blendeten. Ein perfekter Beobachtungsabend ist eben genau so selten wie eine 20jährige Jungfrau und meinetwegen könnte Eyjafjallajökull jedes Monat, pünktlich um Neumond, Lava und Asche spucken.


Werner pflanzte das Vereins Mead mit 25 cm Durchmesser und 250 cm Brennweite auf die Säule.
Kurt baute wieder mal seinen Dobso mit 45 cm Durchmesser und 200 cm Brennweite auf.
Gerald baute zwar seinen Apo mit 152 mm Durchmesser und 1200 mm auf, schaute aber kaum durch.
Ich beobachtete mit meinen großen mit 102 mm Durchmesser und 1000 mm Brennweite.
Hans fotografierte mit seinem 12,5´´ Newton mit 142 cm Brennweite.
Walter fotografierte mit einem 9.5" Newton mit, wenn ich richtig gerechnet habe, 1200 Brennweite.
Howdii hatte einen 8" Dobson mit vermutlich ebenso 1200 mm Brennweite auf selbst gebauter Rockerbox.


Alex
Zuletzt geändert von Alrukaba am 23.04.2010, 18:43, insgesamt 1-mal geändert.
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Christoph K.
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Beitrag von Christoph K. »

Hi Alex

Wie immer hast nen super Roman geschrieben. Sehr anschaulich.
Ist Howdii ein Cowboy oder so? XD

...howdii hoe, Ranger Joe! :P

lg. Christoph
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rorma
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Beitrag von rorma »

Hiho Alex,


wie immer bewundere ich deine Berichterstattung, astreiner Bericht man kann sichs gut vorstellen (man riecht sogar den Kaffee :wink: ).

Eine Frage hätte ich, welche Okulare verwendet Kurt bzw. du für die Planetenbeobachtung?

Im Sinne von G. Schifter

Howdii

Robert
"Erwarten Sie nicht, beim Schauen schon zu sehen. Sehen ist eine Kunst, die erlernt werden muss!"
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Alrukaba
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Beitrag von Alrukaba »

Hallo Christoph und Robert!

Danke erst mal für die Komentare.
Ein Roman ist das noch keiner aber wer weiß, vielleicht werde ich in 10 - 20 Jahren meine gesammelten Beobachtungsberichte mal in Buchform herausgeben. Memoaren eines Amateurastronomen oder so.
Also Howdii ist kein Cowboy, sondern ein Hobbyspechtler wir ihr und ich, ist in Mistelbach im Weinviertel zu Hause, heißt übrigens Wolfgang Howurek und ist um die 50 Jahre alt. Ich hoffe ich schätze ihn da jetzt richtig. Howdii, entschuldige, daß ich da so viel Wind um dich mache aber der Name fordert das heraus :wink:
Robert, welche Okulare Kurt verwendet kann ich dir nicht sagen aber ich werde ihn bei Gelegenheit mal fragen. Was ich weiß hat er mehrere Sätze, sowohl 1 1/4 Zoll als auch 2 Zoll. Ich glaube die Palette spannt sich von Goldline um 40 Euro bis, wie immer die heißen, um ein paar 100 Euro.
Ich hoffe, eure Fragen sind hiermit beantwortet und ich wünsche ein schönes Wochenende, bis zum nächsten mal

how.., eh tschüß Alex

PS.: Das Foto von Mars und Krippe schaut euch bitte unter dieser Adresse an http://www.astrostation.at/ikreator/ast ... 21-de.html Ich weiß nicht, was ich da immer falsch mache :oops: :?:
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