Beobachtungsbericht vom 10: Juli 2010

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Alrukaba
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Beobachtungsbericht vom 10: Juli 2010

Beitrag von Alrukaba »

Der Beobachtungsabend „begann“ irgendwann Ende April, als eine Anfrage von Andreas Kosek in unsere Mailbox der Astrostation rein schneite, wo er erläuterte, daß er einen astronomisch interessierter Freund gern eine geführte Beobachtung zum 50. Geburtstag schenken wolle. Außerdem fragte er nach den Kosten und welche Geräte zur Auswahl stehen. Als Kosten, antwortete ich, würden lediglich freiwillige Spenden anfallen und an Geräte stünden vom 4“ Refraktor bis zum 18“ Dobson „Lichtkübel“ alles Mögliche zur Verfügung. Als Termin nannte er mir irgendwann das Wochenende vom 9. – 11. Juli, der gut gewählt war, da Neumond aber doch ein Terminproblem für mich darstellte, da an diesen Wochenende meine Frau den 40. Geburtstag feiern würde. Ein fernbleiben bei den Feierlichkeiten wäre für mich einen Bungeesprung gleichgekommen, nur ohne Bungee, doch da halfen mir Gott sei Dank die Kollegen aus. Während des ganzen E-Mail Verkehr schrieb Andreas immer vom Jubilar, seinen Namen erfuhr ich erst als mich Wolfgang ein paar Tage vorher anrief. Er sagte mir, er käme schon am Donnerstag mit seiner Senora Ana Maria und seiner dreijährigen Senorita Rosa Alba. An diesen Tag würde er mit seinem Gerät, einem 80x600 Sky-Watcher Refraktor selber schaun und Hans, der an diesem Tag sowieso zum fotografieren oben war, zusehen. Wolfgang war auch mit einem Kollegen oben und bastelte an seinem Astrographen herum.
Am Freitag kamen Andreas und Ulli nach und mischten sich unter die Sterngucker. Über den Sternhimmel wurden sie von Sepp, Kurt und Gerald geführt. Sollte ich jemanden vergessen haben, so möge man mir bitte verzeihen und steinige den Archivar.
Irgendwann am Freitag rief mich Willy an, ob er mit mir mitfahren könne. Da ich wußte, daß er oft mit schwerem Gepäck unterwegs ist und mein Auto ohnehin schon voll war, verwies ich ihn an Gerald.
Toni nahm ich dann doch mit, denn zu viert mit drei Autos wäre purer Luxus gewesen. Um 19 Uhr war ich bei Toni, der hatte nur einen Feldstecher dabei und ca. eine Stunde später waren wir auf der Alm. Ich stellte mein Fernrohr auf und dann gingen wir hinüber zur Almhütte.
Erkannt hab ich die Gesellschaft dank einiger Fotos von Andreas auf seiner Home Page. Wir begrüßten uns, stellten uns vor und wir bestellten uns Kaffee und Jause. Es war der Tag des kleinen Finales, wo jeder den Deutschen den dritten Platz vergönnte. Für das Finale hielt Ana Maria selbstverständlich zu den Spaniern. Nach einer Stunde Plauderei und einem erfrischenden Bier machten wir uns auf zur Station um unsere Beobachtung zu starten.
Hans und Kurt waren schon da und hatten ihre Geräte aufgestellt. Hans eine Kamera vor und natürlich seinen Newton in seiner Hütte und Kurt seinen Dobson. Ich nordete mein Teleskop ein und nahm wieder mal den nach der römischen Liebesgöttin benannten Planeten ins Visier. Doch die versteckte sich bald hinter den Bäumen und so war Saturn als nächster an der Reihe. Bei mir zeigten sich nur drei Monde, Titan und Reha rechts, sowie Tethys links. Bei Kurt war rechts, als innerster Mond, noch Dione zu sehen. Mars stellte ich auch diesmal nicht in die Ecke, sondern ließ sein Licht durch meinen Refraktor scheinen, naja, er war noch immer rot. Wolfgang war inzwischen auch da und stellte sein Gerät auf. Gerald erschien rechtzeitig als die ISS den Himmel kreuzte, nur war die nach ein paar Minuten wieder weg. Willy war allerdings nicht mit, wahrscheinlich ist er am Ausee versumpft.
Epsilon Lyra war dann die Auserwählte. Wolfgang konnte nur zwei längliche Kleckse erkennen, was aber eher an den billigen Okularen lag. Aber er möchte sich ohnehin ein größeres Teleskop und bessere Okulare zulegen. Mizar-Alkor waren die nächsten auch immer ein schöner Anblick.
Andreas und Ana Maria waren mittlerweile auch bei uns, während Ulli für Rosa Alba den Babysitter spielte. Gerald grundelte irgendwo am Südhorizont herum und faselte was von M6 und M7, die ich mir auch gleich suchte. Der Schmetterlings-Haufen stand über dem Taubenstein, während der Ptolomäus-Haufen scheinbar den Rauhen Kamm emporkletterte aber natürlich verschwand er dahinter. Ich blieb in der Gegend und schwenkte zu M8 und M20 und anbei noch M21, den offenen, bei dem Gerald etwas später den Trifidnebel nicht finden konnte. Danach wieder zurück in den Skorpion zu M4, einen Kugelhaufen, der sich um diese Jahreszeit immer lohnt. M80 kam etwas schwächer rüber aber auch noch gut. Irgendwo muß da ja noch ein vierfach-System sein, ähnlich dem von Epsilon Lyra, richtig, Ny Scorpii. Das hellere Pärchen konnte ich nicht trennen, 1,2“ ist dann doch zu eng. Das schwächere ging schön. Mit 2,3“ sind sie so weit beisammen wie das engere Pärchen von Epsilon-Lyra. Komponente C und D leuchten blau, der Klecks von A und B gelblich mit leicht rötlichem Stich.
Danach schwenkte ich um zu Epsilon Sagittarius, den gelb-rot schimmernden Stern, der mich am Donnerstag so faszinierte. Kurt holte mich gleich auf den Boden der Realität zurück und raubte mir meine Begeisterung als er meinte: „ Des is a Refraktion;“- danke, des hob i braucht owa dopped woa a imma nu ned.
Auch Andreas und Ana Maria waren sehr interessiert. Ich zeigte ihnen ein paar echte Doppler, zum ersten 61 Cygni, danach Albireo und Coe Caroli, ein nach dem englischen König Charles I. benannter blauer Stern mit weißem Begleiter. Wolfgang war ganz begeistert vom Himmel bei uns und wanderte von Teleskop zu Teleskop und holte sich selber einige Objekte rein. Kurt zeigte u. a. das Stephans Quintett, M22 und ich weiß nicht, was noch alles. Hans fotografierte den Cirrusnebel und irgendwas im Schützen, Geald motzte immer was herum und Toni betrachtete den Sternenhimmel meist mit seinen Feldstecher. Ich fand diesmal doch den Kugelhaufen NGC 7006 im Delphin, ehe wir uns zu einer längeren Pause in die Hütte zurückzogen. Kurt spielte diesmal den guten Geist und zauberte Kaffee und Kuchen auf den Tisch während wir über Sterne, Galileo, Kepler und Klingonen redeten. Nach einem Sternensudoku und einer guten Stunde Plauderei, Andreas und Ana Maria hatten uns mittlerweile verlassen, wagten wir uns nochmal hinaus in die finstere Nacht. Die war diesmal deutlich wärmer als das letzte Mal, die Temperatur sank von ca. 25° auf etwa 18° ab, dafür wehte uns ein frisches Lüftchen um die Ohren. Das Seeing war etwas schlechter als am Donnerstag und bekommt eine zwei und Kurt identifizierte Sterne bis 6,5 mag. Die Milchstraße stieg fast im Norden empor, legte sich über Cassiopeia, Cepheus und das Sommerdreieck und fiel im Bereich Schütze und Skorpion wieder unter den Horizont.
Der Milchstraße folgte ich dann auch mit meinen kleinen, den ich auf der unteren Terrasse aufgebaut hatte. Ich begann in der Schildwolke, mit M11, dem Wildentenhaufen, wanderte langsam über den Adler- und Omeganebel zu den offenen Haufen M18, M24 und M25 und beendete meinen Fall mit dem Lagunen- und Triffidnebel, inklusive M21. Weiter nach unten ging´s nicht, da der Ötscher die Sicht versperrte. Weiter hinauf wollte ich nicht, da Jupiter gerade die Himmelsbühne betrat.
Beinahe wäre eine Beobachtung des Gasplaneten nicht möglich gewesen, da sich die Deklinationsachse plötzlich nicht mehr fixieren ließ. Aber zum Glück war mein Fernrohr so gut ausgewogen, daß das nicht nötig war. Das Problemhatte ich bereits am nächsten Tag noch vor dem Mittagessen gelöst. Durch das ewige Umschlagen, wenn ein Objekt in der einen Stellung mal nicht so gut erreichbar ist, dürfte sich da irgendwas verschoben haben und ich konnte diese Achse in eine Richtung nur noch bis zu einem gewissen Punkt drehen, danach stand das Werkl. In die andere Richtung ließ es sich im Kreis drehn und das tat ich auch und das Problem war wieder behoben.
Wo war ich jetzt, achja, bei Jupiter. Der Stand mittlerweile hoch genug um ihn in Augenschein zu nehmen. Alle vier Monde standen links. Io und Kallisto fast übereinander ganz innen, dann Europa und Ganymed übernahm den Außenposten. Das war schon mal ein seltener Anblick, da Kallisto einen Hauch innerhalb von Io als nächstes zu Jupiter stand. Faszinierend aber war das Fehlen des südlichen Wolkenbandes. Wo sonst ein deutlich dunkler Streifen zu sehen ist, waren nur helle Bänder und einige Verwirbelungen zu sehen. In meinem Gerät war das schon ein toller Anblick, in Kurtls Dobson konnte man aber noch mehr Details erkennen. Schade, daß der große rote Fleck nicht zu sehen war, der hätte das Bild perfekt gemacht.
Irgendwann hat man sich aber an einer solchen „Sensation“ sattgesehen und wir kamen ans Ende der Beobachtungsnacht. Ein weitemachen mir den defekten Montierung war sowieso öde und außerdem zeigte sich im Osten schon die Dämmerung. Für den Abschluß holte ich mir noch M31 plus Begleiter sowie h/chi ins Okular, quasi als Vorschau für den Herbst. Danach packten wir zusammen und fuhren nach Hause.
Fazit: Offensichtlich haben wir unseren Gästen ein wenig mehr geboten als sie erwartet haben, denn aus ihren Mails danach las ich Begeisterung und Faszination. Auch bei Andreas, der bei den ersten Mails nicht sicher war, ober er sich das Universum überhaupt antun soll. Aber auch er ließ eine Option für ein Wiedersehen offen. Und wenn ich auch mein Projekt Sagittarius nicht fortsetzen konnte, stieß ich doch wieder in Bereiche vor, die ich noch nie zuvor gesehen habe.

benutzte Geräte: Wolfgang hatte seinen 80/600 SkyWatcher ED-APO im Gepäck
Kurt hatte wieder mal seinen Dobson 45/2000 aufgestellt
Hans fotografierte mit seinem 32/1420 Newton und mit irgendeiner neuerworbenen Kamera
Gerald hatte seinen Dublett APO 120/900 dabei
und ich meine beiden Refraktoren einen Fh 102/1000
und seinen kleinen Bruder mit 102/500
http://www.astrostation.at

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rorma
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Beitrag von rorma »

Hallo Alex,

einer deiner Besten :D


LG Robert
"Erwarten Sie nicht, beim Schauen schon zu sehen. Sehen ist eine Kunst, die erlernt werden muss!"
William Herschel
C11 CPC + Hyperstar, Skywatcher ED 80
MGEN II, Canon Eos 350D; 1000Da,
http://www.meixnerobservatorium.at
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Alrukaba
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Beitrag von Alrukaba »

Servus Robert!

Danke, daß du mir den rorma-Preis verleist, für den Pulitzer wird es wohl kaum reichen :lol:

Alex
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