Locker und beschwingt: ein Comeback

Astronomie, Naturbeobachtung, Mikroskopie...
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Joe_Malik
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Locker und beschwingt: ein Comeback

Beitrag von Joe_Malik »

Hallo zusammen!

Habe vorhin auf der Hohen Wand den ReiFu getroffen und hab erfahren, dass ihr euch schon Sorgen um mich gemacht habt! :wink: Da hab ich mir gedacht, schreibst wieder einmal einen Beobachtungsbericht fürs Forum. Na oisdaun:

Datum, Uhrzeit: 7. April 2010, 22:30 bis 00:30 Uhr
SQM-L: ~ 21,05 mags/arcsec²
Seeing: Gut (Schulnote)
Wetter: wolkenlos, Temperatur: ca. 2 °C
Beobachtungsort: Hohe Wand – Parkplatz Sonnenuhr
Verwendetes Equipment: 20 cm f/6 Dobson (Sky-Watcher), William Optics SWAN 33 mm, Sky-Watcher GoldLine 20 mm und 15 mm, Antares Speers-Waler 9,4 mm

Objekte: M 104, M 81/M 82, M 51, UGC 5459 (RFGC 1727), NGC 4565, NGC 4490/NGC 4485, NGC 4449, M 5, M 3

Nach fast einem Jahr beobachtungsfreier Zeit, begab ich mich nun endlich wieder einmal unter den Sternenhimmel. Aus diversen Gründen kam die Astronomie bei mir in letzter Zeit etwas zu kurz, was ich mit diesem Abend beenden wollte.

Geplant war eine zwanglose und ruhige Beobachtungsnacht mit sehr leichten Objekten, um langsam wieder den Einstieg in die visuelle Astronomie und damit in das teleskopische Sehen zu schaffen. Genau so sollte es dann auch kommen – bis auf eine Ausnahme, aber dazu später mehr.

Das erste Objekt an diesem Abend war der Sombrero M 104. Im Übersichtsokular war alsbald ein dezent elongiertes Nebelchen erkennbar, welches sich bei 60x und 80x und längerer Beobachtungszeit als immer schmaler herausstellen sollte. Nach einigen Minuten schienen die Enden der Galaxie relativ spitz und im (teleskopischen) Norden verursachte eine dunkle Kante einen abrupten Helligkeitsverlust bei der ansonsten zu den Randbereichen hin relativ gleichmäßig schwächer werdenden Galaxie – voilá: das berühmte Staubband! Mit viel Mühe war das Staubband sodann auch als schmaler dunkler Streifen erkennbar, doch die Horizontaufhellung in dieser suboptimalen – weil aufgehellten – Nacht machte eine angenehme Beobachtung schwierig.

Ich beschloss, mich bei M 81/M 82 nicht allzu lange aufzuhalten, da ich ja den Fokus dieser Nacht auf “locker und beschwingtes” Beobachten gelegt hatte. M 81 offenbarte ansatzweise winzige Ausläufer der beiden Spiralarme, die allerdings sehr schwer und nur indirekt selten zu erahnen waren. Die ovale Form mit dem aufgehellten Nucleus dagegen stach sofort ins Auge. M 82 zeigte sich etwa 1:5-elongiert und leicht dunkelt gemottelt. Ich verlor mich aber nicht in Details.

Nun wollte ich meine Augen ein wenig im Whirlpool (M 51) entspannen. Die beiden hellen Galaxienkerne schienen bereits im Übersichtsokular äußerst hell. Die Spiralarme um M 51 waren mit Leichtigkeit auszumachen, die Materiebrücke zu NGC 5195 war hingegen nur schwach zu erahnen. Der Ausläufer des großen Spiralarms war relativ weitläufig auszumachen.

Nachdem ich meine Augen nun etwas aufgewärmt hatte, fühlte ich plötzlich wieder dieses Jucken unter den Fingernägeln… ich wollte mehr. Doch nicht etwa quantitativ mehr, sondern ich wollte Herausforderung. Also durchstöberte ich meinen Beobachtungskoffer nach Projekten, die ich vor Jahren angefangen hatte, jedoch bis heute nicht beenden konnte. Ich wählte das Projekt der RFGC (Revised Flat Galaxy Catalogue)-Galaxien. Daraus wählte ich UGC 5459 (RFGC 1727) in UMa für meine nächste Beobachtung.

Mit gutem Gespür stellte ich genau die richtige Position im Dobson ein und landete bereits beim ersten Blick genau an der Stelle, an der sich UGC 5459 befinden sollte. Die Galaxie ist mit 12,6 mag relativ hell, allerdings ist sie für einen 21,05 mags/arcsec²-Himmel fast zu schmal. Nur in sehr langen Abständen blitze eine dezent helle Stelle an der richtigen Position auf. Diese Galaxie ist unter diesem Himmel mit 8″ Öffnung kaum beobachtbar und verlangt nach einem Wiedersehen!

NGC 4565 entpuppte sich als eine wahre Augenweide und war nach dem vorherigen Augenverbieger eine echte Genugtuung. Ich war sehr überrascht, als bereits im Übersichtsokular nach wenigen Sekunden das zentrale Staubband, welches die ganze Galaxie der Länge nach durchzieht, erkennbar war. Bei 80x ähnelte NGC 4565 bereits einer kurz belichteten Fotografie und das Staubband war nach kurzer Zeit sogar direkt beobachtbar! Zugegeben, ich war ein wenig überrascht.

Die 9,8 mag helle NGC 4490 offenbarte einen etwas länglichen Kern und einen annähernd rechteckigen Charakter. NGC 4485 gesellte sich im rechten Winkel dazu. Dezent heller ausgeprägte Knoten tauchten ebenfalls von Zeit zu Zeit in der größeren der beiden wechselwirkenden Galaxien auf. Mit etwas mehr Geduld hätte diese Balkenspirale bestimmt noch einiges mehr zu bieten gehabt.

Doch ich hatte es eilig, da meine Fingerspitzen doch langsam ziemlich kalt wurden und ich es mit der ersten Beobachtungsnacht seit Langem nun auch wieder nicht übertreiben wollte. NGC 4449 mutete überraschend hell an und zeigte bei 80x und 127x viele helle Knoten. Diese irreguläre Galaxie muss ich mir ebenfalls demnächst noch einmal vornehmen. Von vergangene Beobachtungen weiß ich, was sie unter günstigen Bedingungen zu bieten hat.

Zum Abschluss dieser schönen Nacht führte mich mein Dobson wieder zurück in unsere Heimatgalaxis und ich beobachtete die beiden Kugelsternhaufen M 5, welcher bei 127x wunderbar bis ins Zentrum aufgelöst war und bei dem einige helle Einzelsterne ins Auge stachen, und M 3, der deutlich ausgedehnter und bereits im Übersichtsokular sehr plastisch wirkte.

So, das war sie nun also. Die erste richtige Beobachtungsnacht im diesem Jahr und zugleich seit knapp einem Jahr. Es war schön, endlich wieder in die Tiefen des Kosmos zu blicken und von diesem Gefühl der Kleinheit beschlichen zu werden. Das hat mir bereits gefehlt. Die Nacht hat sich wirklich gelohnt und ich bin überrascht, wie schnell ich wieder im teleskopischen Sehen drinnen war. Ich hoffe, dass ich nun wieder öfters beobachten werde und heuer ein paar meiner anspruchsvolleren Projekte zu Ende bringen kann.

Danke fürs Lesen,
Christian
darthvader
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Beitrag von darthvader »

Hallo Christian,

wir haben uns zwar noch nicht persönlich getroffen aber man verfolgt natürlich die Aktivitäten der "Spechtler" aus der eigenen näheren Umgebung.

Schön wieder einen Beobachtungsbericht von Dir zu lesen.

Möglicherweise sieht man sich einmal auf der Hohen Wand!

LG

Andreas
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Christoph K.
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Beitrag von Christoph K. »

Hi Christian

Willkommen zurück. Und du überraschst uns gleich mit nem super Beobachtungsbericht. Du hast die Nacht dann gleich mit dem besten Objekt begonnen. Gibt sicher noch viel mehr aber M 104 is einer meiner Favoriten. Die werd ich mir demnächst auch mal vornehmen.

lg. Christoph
Wish you a starry night!
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Alrukaba
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Beitrag von Alrukaba »

Hey Jo!

Schön wieder mal von dir zu lesen. Da hat´s dich aber ganz schön gejuckt unter den Nägeln, toller Bericht

Alex
http://www.astrostation.at

Der größte Irrtum der Menschheit ist der Glaube intelligent zu sein.
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rorma
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Beitrag von rorma »

Hallo Christian,


sehr schöner Bericht, man merkt da ist der Profi am Werk.


HG und CS Robert
"Erwarten Sie nicht, beim Schauen schon zu sehen. Sehen ist eine Kunst, die erlernt werden muss!"
William Herschel
C11 CPC + Hyperstar, Skywatcher ED 80
MGEN II, Canon Eos 350D; 1000Da,
http://www.meixnerobservatorium.at
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Joe_Malik
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Beitrag von Joe_Malik »

Vielen Dank für die Blumen! :wink:
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