Ich habe mir gedacht, ich erzähle jetzt mal ein wenig länger über mein Projekt "Orion", dass ich diesen Samstag angehen wollte. Vielleicht macht es anderen Anfängern Mut oder ich errege ausreichend Mitleid bei den Profis, dass sie mich mal mitnehmen auf eine Session.
Zunächst möchte ich euch den Plan erläutern. Der Plan war, das gesamte Sternbild Orion ablichten zu können und die darin befindlichen Nebel dann so herauszuarbeiten, dass man sie erkennt und die Position im Sternbild sieht. Dazu habe ich mein Fotostativ mit 2,5 Kilo Maximalbelastung mal wieder völlig überladen mit dem Minitrack Quattro, meiner EOS 800D sowie einem Canon 50mm 1,8 STM Objektiv. Zusätzlich habe ich noch ein Tauband und den Fernauslöser bereitgestellt.
In den vorhergehenden Wochen der allgemeinen Bewölkung habe ich folgenden Plan geschmiedet: Etwa 90 Minuten Lights mit etwa 60 Bildern á 90 Sekunden Belichtungszeit. F4 auf der Blende gegen Koma, ISO 800 weil das angeblich der so genannte "Sweet-Spot" bei meiner Kamera sein soll. Dazu etwa 20 Flats, Darks und Biases und die Sache läuft. Der Plan war gut, dann kam die Realität.
Während also meine Frau arbeiten war, habe ich meine beiden Zwerge gefüttert und dabei mit Schrecken festgestellt, dass die Lücke in den Wolken laut Wetter-App doch um eine Stunde vorverlegt ist. Also bin ich schnell in den Garten und habe dort meinen Tracker eingenordet. Das hat diesmal erstaunlicherweise auch wunderbar funktioniert. Übung macht ja doch den M.... okay es war vielleicht auch einfach Glück. Den Kindern noch einmal nachgeschöpft und wieder raus, die Kamera auf den Tracker schrauben. Dabei habe ich festgestellt, dass ich es in dem Winkel nicht schaffen werde, die Kamera Hoch- statt Quer einzubauen ohne den Tracker zu behindern. Also kurzfristig umdisponiert und beschlossen, mal nur den unteren Teil von Orion aufzunehmen (alles unter der Gürtellinie, höhöhö...)
Endlich ist meine Göttergattin erschienen und hat die Kids übernommen, die ich zwischenzeitlich erfolgreich ins Bett schmeissen konnte. Also raus in den Garten, korrekten Fokus geschaffen und die ersten Fotos geschossen. Leider völlig und total überbelichtet, leuchtend Orange steht das Bild hier. Also habe ich mal die Belichtungszeit auf 60 Sekunden reduziert. Das hat geholfen. Mit meinem Wissen von Heute hätte ich auch das Histogramm (Pro-Tipp des Tages!) noch einmal gecheckt, ob jetzt bei 60 Sekunden Belichtung nicht immer noch viel zu viel Licht ist. Hier habe ich dezent versagt und es waren trotzdem alle Fotos dieses Abends überbelichtet. ISO 400 hätte vielleicht geholfen.
In der ganzen Aufregung habe ich dann vergessen, den Clip-In Filter meiner Kamera zu montieren, da ich ja doch in einem orangen Gebiet der Lichtverschmutzung sitze. Ihr seht schon, bei mir läuft das alles ganz prima.
Insgesamt habe ich 140 Bilder geschossen, danach die Flats, die Darks und die Biases.
Am nächsten Tag dann die Bilder am PC betrachtet und siehe da: es war grauenhaft. Hier eines der Rohfotos und bevor jemand fragt, das ist der Rauchfang vom Nachbarn.

Schon fiel es mir "fast zeitgerecht" wieder ein: Histogramm nutzen... Cip-In Filter helfen nix, wenn Sie in einer Schublade liegen...
Gut es hilft nichts, vielleicht kommt ja doch etwas ganz tolles raus, wenn ich die Fotos erstmal gestackt habe. Mein erster Stack war durchgehend orange, aber dank GIMP konnte ich folgendes glorreiche Bild der Orion-Konstellation erstellen:

Also habe ich leicht frustriert GIMP geschlossen und Niki (aus diesem Forum) geschrieben, dass mein Projekt "weniger gut gelaufen ist". Niki jedoch ließ sich von meinem Versagen nicht irritieren und meinte, das Bild würde gar nicht so schlimm aussehen, ich soll ihm doch mal das gestackte Tif schicken. Gesagt getan, in kürzester Zeit hatte er ein vorzeigbares Ergebnis.
Damit war klar: nicht nur Fotografieren kann ich so richtig gut, auch in der Nachbearbeitung dürfte ich nahe an der Grenze zur Perfektion arbeiten. Aber wenn Niki so etwas kann, dann sollte ich zumindest irgendwas hinbekommen. Ein erster Anlauf brachte tatsächlich ein Ergebnis, dass deutlich besser war als gedacht:

Danach habe ich mir noch einige Tipps geholt und nach nicht einmal 8 Stunden Bearbeitungszeit während dem Homeoffice *hust* konnte ich mit folgender Routine dieses letzte Bild produzieren.
Stacken mit Siril, danach leichter Stretch und Hintergrund-Extraktion mit Siril. Sterne entfernt mittels StarNet_win und das sternbefreite Bild separat bearbeiten. Mit GIMP die Gradientfarbe von Grün-Purple auf Grün vereinheitlicht, dann Gradient entfernt. Dabei habe ich leider viel Farbvariation in den Nebeln verloren, deswegen ist mein Pferdekopfnebel in der gleichen Farbe wie mein Flammennebel. Am Ende die Sterne wieder hinzugefügt und noch einmal das sternenlose Bild drübergelegt um die Überbearbeitung wieder ein wenig zu relativieren. Herausgekommen ist nun dieses Bild.

Volle Auflösung: https://ibb.co/N95sfY4
Immerhin sieht man insgesamt 5 Nebel auf dem Bild, das ist schon mal nicht schlecht!
Ich hoffe, alle Anfänger sehen sich darin bestärkt nicht aufzugeben, auch wenn man glaubt, dass es gar nichts mehr werden kann. Und wenn es doch mal nicht so klappt: nehmt es mit Humor!
Frohes Sterne schauen!
Bernd