Beobachtungsbericht vom 18. August 2011

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Alrukaba
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Beobachtungsbericht vom 18. August 2011

Beitrag von Alrukaba »

21 Uhr, gerade noch rechtzeitig. Ich hatte gerade die Abdeckungen meines Teleskops entfernt, als ich etwas sehr helles in Richtung Nordosten wandern sah. Mein erster und richtiger Gedank - die ISS.
Schnell holte ich das 20mm Okular aus dem Koffer, sah kurz durch den Sucher und verfolgte einen Augenblick später die Raumstation den Rest ihres Weges, bis sie am Horizont verblasste.
Zwei Tage vorher bekam ich noch eine SMS von Sepp; „ISS ab 21 Uhr 13!“ Da konnte ich den ganzen Verlauf beobachten. Da ich gerade am Computer saß, schaute ich mir ihren Verlauf für die nächsten paar Tage an und sah, daß sie sowohl am Folgetag als auch am Tag darauf den fast gleichen Weg über den Himmel nehmen würde, allerdings etwas zeitlich versetzt.
Einen Tag später sah ich sie nur kurz, unbewaffnet. Doch diesmal hatte ich schon gegen 19 Uhr meinen kleinen 102:500 auf der Terrasse platziert. Nicht wegen der ISS, sondern um Garradd, den Mond und Jupiter zu beobachten.
Ich ging es gemütlich an. Schon den ganzen Nachmittag saß ich auf der Terrasse, las ein Buch, öffnete mir eine Flasche Rotwein und rauchte eine gute Zigarre. Die Beobachtung wollte ich eigentlich schon bei Einbruch der Dämmerung angehn, aber ich war so in mein Buch vertieft, sodaß ich für die letzten Seiten schon fast zu wenig Licht hatte.
Als ich das Buch zugeklappt, mir meinen Laptop und alle anderen Utensilien für´s beobachten hergerichtet und ein paar Gelsenlichter angezündet hatte war es kurz vor 21 Uhr. Keine Minute zu spät, den die ISS hatte ich erst für kurz nach 9 im Hinterstübchen – Irrtum, großer Irrtum.
Natürlich hab ich nicht weiß Gott welche Details gesehen, aber immerhin konnte ich die Solarflügel und den Verbindungssteg erkennen, an dem auch die verschiedenen Module befestigt sind.
Die Beobachtung war zwar nur kurz, naja sie war schon fast auf halben Weg vom höchsten Punkt ihres Überflugs zum Horizont, aber immer hin.
Den Laptop hatte ich vor allem wegen Garradd im Betrieb, schließlich kann man seine Bahn mittels Internet und Astro-Software verfolgen. Diesmal war er nördlich des Delphin zu finden. Vielleicht war ich schon zu sehr benebelt von fast zwei 8erl französischen Carbernet Sauvignon, mit dem ich zumindest den Südhang gemeinsam hatte. Ich suchte den Kometen nämlich etwas zu tief.
Möglicherweise half mir der Wein sogar, den kosmischen Streuner besser zu sehen. Allein die Tatsache, daß meine Frau diesen nicht so klar sah, bestätigt meine Theorie. Wie schon beim ersten Mal kam er auch diesmal im 20mm Okular am schönsten rüber.
Anschließend machte ich mich auf die Suche nach jenen Objekten, die der Vagabund bereits besucht, bzw. in nächster Zeit noch besuchen wird. Der Kugelhaufen M15 im Pegasus war der erste, doch der war auch ohne Garradd ein schöner Anblick.
Ende des Monats wird er seinen Schweif über den Kugelhaufen M71 im Pfeil legen, der im Kleinen aber etwas blass aussah. Schöner zu sehen war da schon Cr 399, der Kleiderbügel im Füchschen, bei dem er Anfang September Station macht. Aber wer den nicht findet, ist entweder blind oder schaut in der falschen Jahreszeit zum Himmel.
Um nach der Katalognummer des Bügels zu schauen, ich war mir ihrer nicht sicher, wollte sie aber für den Bericht notieren, warf ich einen Blick ins Cartes du Ciel. Ich ging zu Depp-Sky Name und fand ganz oben den 20 Vulpecula Cluster, der nächste Irrtum. Der entpuppte sich nämlich als Doppelhaufen im östlichen Teil des kleinen Reineke. Ein weiterer offener fiel mir etwas östlich von Anser auf, dem Alphastern des Rudels.
Aber erst stand mal der Mond auf dem Beobachtungsprogramm. Den wollte ich mir nämlich ohne zittern, dank meines neuen Bino-Adapter mit meinem Feldstecher zu Gemüte führen. Hab ich schon erwähnt, daß mir meine Frau voriges Jahr einen Feldstecher zum Geburtstag geschenkt hat. Einen Nikon Action 10x50 Feldstecher mit 6,5° Gesichtfeld. Für meine Ansprüche reicht er und mit dem neuen Adapter gibt es kein wackeln und man kann sich besser auf die Details konzentriere. Da war ich schon auf Jupiter gespannt, bis zu dem sollte es aber noch eine Weile dauern.
Bis dahin widmete ich mich den beiden Sternhaufen. Stock 1 war der erste, jener bei Anser, nicht sehr spektakulär. Eine lose Ansammlung mehrere Sterne, die alle jenseits von 8,5 mag liegen.
Etwas interessanter war NGC 6885 oder 20 Vulpecula Cluster, der seinen Namen von jenem Stern hat, um den er sich versammelt; BSC 20 Vul, ein Stern knapp sechster Größe. Alle anderen sind um gleich 4 Größenklassen schwächer. Lediglich eine kleine Gruppe, die in Form des Himmels-W in ihm eingebettet ist machte mich neugierig. Die waren aber ebenso jenseits der 10. Größenklasse, der schwächste hatte gar nur 11,03 mag. Davon konnte ich aber nur die drei helleren sehen. Denn muß ich mir noch mal auf der Alm und ohne Mond suchen.
NGC 6882 ist wie Stock 1 ebenso ein loser unspektakulärer Haufen.
So, nun müßte eigentlich Jupiter schon so weit sein. Mist, der versteckte sich gerade noch hinter dem Dach des Nachbarn. Also mußte erst noch jemand anders herhalten. 61 Cygni, mein Standarddoppler. Wieder Mist, der versteckte sich hinter Wolken.
Einzelne Wolken zogen während der gesamten Beobachtung umher, störten aber nicht, obwohl Wind war kaum einer zu spüren. Was sich wahrscheinlich auch auf das Seeing auswirkte, das war nämlich gar nicht so schlecht. Es würde sich sogar eine 1- verdienen, aber sagen wir vorsichtshalber eine 2+. Jupiter war nämlich später echt toll anzusehn, kein wabern, um den noch tief stehenden Mond kein flimmern und auch bei den Sternen konnte ich kein funkeln erkennen. Näher eingegangen bin ich darauf aber nicht und auch auf die Grenzgröße achtete ich diesmal nicht. Aber es hatte angenehme 23° und das ist schon eine Seltenheit im heurigen Sommer.
Bis Jupiter hoch genug stand schaute ich noch schnell mal bei Garradd vorbei und lies den Mann im Mond nochmals ins Okular lachen.
Endlich stand der Gasriese hoch genug um ihn ins Visier zu nehmen. Im 9mm Okular waren schon etwas mehr als 2 Wolkenbänder zu erkennen. Ganymed stand rechts von ihm, Europa, Io und Kallisto links. Europa hatte gerade einen Durchgang hinter sich, weshalb er ziemlich nah bei Jupiter stand und im Feldstecher nicht zu erkennen war. Seine zwei markanten Wolkenbänder konnte ich aber auch da erkennen.
Schließlich ging es Schlag auf Schlag. Die Wolken wurden immer dichter und so beendete ich um Mitternacht die Beobachtung. Als ich mit dem Abbau fertig war, war es fast bedeckt.
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darthvader
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Beitrag von darthvader »

Hallo Alex,

schöner Bericht. Die ISS war mir noch nicht vergönnt aber von der Theorie "Rotwein" bin ich ein voller Fan.

Ich bin derzeit beruflich unterwegs und meine Hoffnungen zum Beobachten liegen voll auf Donnerstag, Freitag und Samstag.

LG Andreas
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rorma
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Beitrag von rorma »

Hallo Alex,


geb dem Andreas recht - ein guter Tropfen Rotwein ist schon was feines und schärft das Sehen :lol:, die ISS konnte ich auch noch nicht sehen.
Schöner Bericht, vor allem nehme ich mir vor, vor einer Beobachtungsession auch einmal gemütlich ein Gläschen zu trinken - eine gute Idee :wink:


LG Robert
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Christoph K.
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Beitrag von Christoph K. »

Hi Alex

Super Bericht, welcher mich gleich dazu inspiriert Jupiter mal zeichnerisch festzuhalten (wollt ich schon immer mal tun). Mal sehen was das seeing bei meinen zwei Metern brennweite am Wochenende hergeben wird.

lg. Christoph
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Alrukaba
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Beitrag von Alrukaba »

Servus Andreas, Robert und Christoph!

Danke erst mal für eure Komentare.

Tja ein guter Rotwein in der Kehle
belebt nicht nur Geist oder die Seele,
nein er schärft auch das Auge, wie wir sehn,
nur leider hinderlich beim stehn :wink:

Alex
Zuletzt geändert von Alrukaba am 24.08.2011, 20:37, insgesamt 1-mal geändert.
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Christoph K.
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Beitrag von Christoph K. »

Meine Nachbarin hat ein anderes Sprichwort bezüglich Alkohol...

"Der leidet unter akkuter Organverschiebung = Leber im Ar***!" :D

lg. Christoph
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rorma
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Beitrag von rorma »

:D :D :D
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