So, wieder einmal ein neuer "richtiger" Beobachtungsbericht von mir, selbstverständlich so ausführlich wie immer.

Datum, Uhrzeit: 21. Oktober 2008, 20:30 bis 23:30 Uhr
Himmelsqualität: fst 6,8 mag
Seeing: Pickering 6
Wetter: klar, leichter Nebel im Tal
Beobachtungsort: Wiese beim Gh. Postl, Hohe Wand, 940 m
Verwendetes Equipment: Sky-Watcher 20 cm f/6 Dobson, William Optics SWAN 33 mm, Antares Speers-Waler 17 mm und 9,4 mm, TS Planetary HR 6 mm, Baader OIII
Objekte:
PN: NGC 6751, NGC 7293, Jones 1 (PK 104-29.1)
KS: M 30, NGC 288
OS: NGC 6939, NGC 869 + NGC 884
GX: NGC 6946, NGC 7479, NGC 253, NGC 247, M 31
Eigentlich hatte ich mir für diese Nacht etliche „Augenverbieger“ vorgenommen. Aber nachdem ich meine vom langen Nichtbeobachten untrainierten Augen an ein paar Standardobjekten quasi aufgewärmt hatte, beschloss ich, mich heute ausnahmsweise an den helleren und mitunter detailreicheren Objekten zu orientieren. Ich war diesmal einfach eher gierig aufs Staunen über die Schönheit des Alls.
Die Milchstraße war in dieser Nacht auffällig breit – bis in den Ophiuchus war ihr schwacher Schein zu vernehmen. Auch die Strukturen und Details waren doch recht beeindruckend: Der Nordamerikanebel war gut zu sehen (sicherheitshalber kontrollierte ich die richtige Position mit einem vors Auge gehaltenen OIII-Filter) und das Sternbild Schwan war gespickt mit Wattebäuschen, dunklen Bändern und Wolken. Die freisichtige Grenzgröße lag bei 6,8 mag in der Leier.
Sodann war das erste Objekt auf meiner Beobachtungsliste dran: NGC 6751, der Glowing Eye Nebula. Im Übersichtsokular war der Planetarische Nebel nicht von einem Stern zu unterscheiden. Erst bei 128x entfaltete er als kleines, rundliches Scheibchen seine wahre Natur. Bis auf einen schwachen zentralen Helligkeitsanstieg und eine sehr zarte türkise Note waren keine Details auszumachen.
NGC 6939 und NGC 6946 passen zwar im 17 mm Speers schön gemeinsam ins Gesichtsfeld, sind im Kosmos allerdings knapp 10 Millionen Lichtjahre voneinander entfernt. Der Offene Sternhaufen konnte mit indirektem Sehen vollends aufgelöst werden, doch leider offenbarte die knapp daneben liegende Galaxie auch mit Mühe ihre Spiralarme nicht. Immerhin konnte ich eine unregelmäßige Kontur erkennen.
NGC 7479 ist eine der wenigen NGC-Galaxien, für die keine Monsteröffnung benötigt wird, um beeindruckende Details enthüllen zu können. Sie zeigte schon auf den ersten Blick einen etwa 1:3-elongierten Zentralbalken. Bei 70x war sie am schönsten, es tauchte parallel zum Balken eine weitere diffuse und elongierte Wolke auf – es war Spiralarm Nummer eins. Da entkam mir das erste „Wow!“ dieser Nacht. Sein gegenüberliegender Kumpan war wesentlich schwieriger zu sehen. Erscheint er auf Fotos zwar recht hell, ist visuell lediglich ein kurzes „Stummerl“ erkennbar, und dies auch nur äußerst schwach. Ab ca. 30 cm Öffnung muss diese Galaxie jedenfalls ein wahres Highlight sein.
Nach einem aufgrund schlechter Karten missglückten Versuch, Uranus und Neptun zu finden, hielt ich für einen Moment inne und bemerkte die überwältigende Ruhe, die mich umgab. Weder vom Menschen erzeugte Geräusche, noch irgendwelche Tierklänge waren zu vernehmen… nichts als die ungetrübte nächtliche Stille am Berg. Als ich dann noch das reich bestirnte Firmament über mir thronen sah, versetzte mich das in bezeichnende Hochstimmung. Man scheitert zwingend, will man das alles mit Worten beschreiben.
Es war wieder Zeit, weiter in die Tiefen des Kosmos einzutauchen. Auf dem Weg zu meinem eigentlichen Ziel, dem Helixnebel, der gerade kulminierte, stolperte ich über M 30. Der Kugelsternhaufen war bei 128x bereits schön aufgelöst. Mit höherer Vergrößerung wäre vielleicht noch etwas mehr herauszuholen gewesen. Ein überraschend hübsches Objekt ist das jedenfalls.
Doch bei meinem Ziel, NGC 7293, angekommen, verschlug es mir dann so richtig die Sprache. Was im Übersichtsokular nur als (für einen PN) relativ ausgedehntes Wölkchen mit leichtem zentralen Helligkeitsabfall zu sehen war, entfaltete im 17 mm Speers-Waler mit dem extrem schmalbandigen Baader OIII-Filter seine volle Pracht: Wie ein gigantischer M 57 schwebte der Helixnebel wie ausgestanzt vor mir im Raum. Überraschend hell, mit dem nun noch stärker ausgeprägten Kontrast zwischen Zentrum und Außengebieten und hin und wieder erkennbaren schwachen Filamenten, entlockte mir der Helixnebel das nächste euphorische „Wow!“.
Nach diesen relativ einfachen und schönen Objekten musste dann doch zumindest eine Herausforderung her. Ganz ohne geht’s halt doch net.


Meine vermutliche Lieblingsgalaxie NGC 253, die Sculptorgalaxie, war sodann auch rasch gefunden. Bei 128x war der in Horizontnähe etwas aufgehellte Himmelshintergrund ausreichend abgedunkelt, um genügend Kontrast zu liefern, die ungleichmäßig gesprenkelte Oberfläche zu enthüllen. Nach und nach traten auch immer mehr Sterne direkt vor der Galaxie hervor. Die Welteninsel sprengte das mit 82° doch sehr große Gesichtsfeld des Okulars.
NGC 288 liegt am Firmament unweit von NGC 253. Bei 36x war der Kugelsternhaufen nur in den Randgebieten auflösbar, was sich mit zunehmender Vergrößerung änderte, bis nur noch ein kleiner Bereich im Zentrum nebelig blieb.
NGC 247 gehört, wie NGC 253, zur 12 Mio. Lj. entfernten Sculptor Gruppe, der nächstgelegenen Galaxienansammlung zur Lokalen Gruppe. Vor dem südlichen Teil steht ein relativ heller Vordergrundstern, der die Orientierung etwas erleichtert. In diesem Abschnitt erscheint die Galaxie recht gleichmäßig und wenig auffällig. Der nördliche Teil hingegen wirkt irgendwie unregelmäßig und etwas zerklüftet. Vielleicht kann mit etwas mehr Konzentration bei künftigen Beobachtungen der Spiralarm entdeckt werden.
Als ich freiäugig den schwarzen Himmel abgraste, fiel mir auf, dass M 31 eindrucksvoll groß sichtbar war. Der Tubus ragte nahezu lotrecht nach oben, da der Andromedanebel scheinbar exakt über meinem Kopf stand. Er füllte beinahe zwei Gesichtsfelder und leuchtete gewaltig hell. Nachdem ich zwei Staubbänder detektieren konnte, bemerkte ich, dass meine Augen nun doch langsam etwas müde wurden.
Somit beschloss ich, nur noch einen letzten Abstecher zu NGC 869 + NGC 884, h und Chi Persei, zu machen. Freiäugig waren die beiden deutlich getrennt zu sehen und ich bilde mir sogar ein, mit indirektem Sehen am Limit gelegentlich Einzelsterne aufblitzen gesehen zu haben. Beim Blick durchs Okular entfuhr mir ein lautes "Woah!!". Der Vergleich ist unter Umständen schon etwas abgegriffen, aber treffend wie eh un je: Wie eine Handvoll Diamanten auf schwarzem Samt glitzerte mir dieses wundervolle Sternenmeer entgegen. Durch die unterschiedlichen Helligkeiten der einzelnen Sonnen entstand ein großartiger räumlicher Eindruck.
Die stetig über den Horizont steigenden Gürtelsterne des Orion erinnerten mich daran, dass bald der Mond aufgehen würde, weshalb ich mich langsam daran machte, meine Ausrüstung einzupacken. Ein letzter Blick Richtung Norden zeigte den Großen Bären, der den Eindruck machte, als wollte er sich in den Tannenwipfeln zur nächtlichen Ruh’ legen. Mit diesen letzten theatralischen Eindrücken verließ ich den Berg ebenso leise, wie ich in den vergangenen Stunden ein Teil von ihm war.
Und wer es bis hierher geschafft hat, verdient ein großes DANKE fürs Lesen!

LG Christian