Mond, Jupiter und…..Sonne, am 21. und 22. August 2010

Astronomie, Naturbeobachtung, Mikroskopie...
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Alrukaba
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Mond, Jupiter und…..Sonne, am 21. und 22. August 2010

Beitrag von Alrukaba »

Gerald rief mich schon am Freitag an, ob ich mitkomme, auf den Haberg bei Steinakirchen, um den Mond zu beobachten. Aber da hatte ich …. noch was anderes vor. Reinhard Fendrich spielte um
21 Uhr beim Stadtfest in Linz und den wollten wir uns ansehen. Ein paar Freunde, mit denen wir die letzten vier Jahre das Stadtfest unsicher machten, hatten plötzlich keine Lust mehr und meine Frau kam erst um 19 Uhr nach Hause. Duschen, essen – dann ist es 8 und dann noch nach Linz fahren – na, zvü Stress. Also gingen wir zu den Amstettner Höflichkeiten, da gab es auch Live-Musik und man hörte die eine oder andere Fendrich Schnulze.
Am Samstag Abend rief mich Kurt an, gleiches Vorhaben, gleicher Standort aber da sprach ich schon im ¾ Takt. Kurz darauf zeigte sich der Mond im Südosten und ich dachte mir: ‘ den kaunst da daham a auschaun und in Jupita a little bit later.‘
Gedacht getan und kurz nach 20 Uhr stand mein kleiner auf der Terrasse. Etwa eine halbe Stunde später visierte ich den Mond an. In der Phase, drei Tage vor Vollmond, hatte ich ihn selten im Okular. Der goldene Henkel war schon vorbei und danach fand ich ihn immer eher uninteressant; - Irrtum, großer Irrtum. Der Terminator verlief entlang des 55. westlichen Längengrades. Über dem Krater Reiner ging gerade die Sonne auf und er bildete eine Dreierkette mit Kepler und Kopernikus.
Bei Prinz, Aristarchus, Herodotus und Marius stand unser Tagesgestirn schon ein paar Grad über dem Horizont. Gassendi thronte über dem Mare Humorum, welches von Mersenius und Hippalus flankiert wurde. Auch Schickard und Phocylides waren gerade im Begriff ins Licht zu schreiten.
Kurz nach ¾ 9, ich hatte gerade maximale Vergrößerung im Rohr, kreuzte ein Flugzeug unseren Trabanten, dessen Kondensstreifen bald im Mondlicht verblasste. Danach wechselte ich gleich wieder auf Vollansicht, da war er einfach schöner anzusehen.
Tycho und Clavius kamen mir vor wie zwei Gegner, welche sich im Moonlight Shadow zum Duell gegenüberstanden. Maginus fungierte als Adjudant von Calvius, Longomontanus als der von Tycho. Street stand wohl in selbstmörderischer Absicht zwischen den Kontrahenten; Brown und Porter reichten ihnen die Waffen. Rundherum standen Schiller, Walter, Wilhelm und unzählige andere als Schaulustige herum.
Wahnsinn, was man da alles in die Kraterlandschaft des Mondes hineininterpretiert. Aber für den ¾ Takt war auch immerhin ein roter Franzose verantwortlich und nicht Schärdinger Eiskaffee. Im Lichtüberfluteten Osten des Mondes fielen mir ein paar helle Krater auf, von denen teilweise Strahlen kilometerweit über den Mondboden zogen. Erwähnen möchte ich hier aber nur jene vier, die das Mare Tranquillitatis umrahmten.
Da wäre mal Proclus am Nordost-Eck, als Höhepunkt eines Rückens, dessen Nordwest-Kamm ins Sinus Amoris hinab läuft und der Süd-Kamm ins Mare Fecunditatis. Im Rücken hatte er das Mare Crisium und zum Meer der Ruhe bildeten die Sümpfe des Schlafes den Abhang. Man braucht eben nach jeder Krise Schlaf um wieder zur Ruhe zu kommen.
In der Südost-Ecke strahlte Censorinus, welcher am Cap zwischen Mare Tranquillitatis und der Sinus Asperitatis, den Seefahrern als Leuchtturm diente, welche von der rauhen Bucht in das Meer der Stille schippeten. An der Südwest-Ecke brannte Dionysius als Mahnfeuer und Menelaus, in Nordwesten stand eigentlich schon an den Gestaden des Mare Serenitatis. Plinius wirkte dagegen wie ein Fels in der Brandung zwischen dem Meer der Heiterkeit und dem der Ruhe.
Jupiter war nun auch schon über dem Horizont, um ihn mal in Augenschein zu nehmen, aber den hatte ich vor, erst nach einem Deja vu mehr Aufmerksamkeit zu schenken, ohne vorher in der Küche nachfragen zu müßen. Vorher informierte ich mich aber im Cartes du Ciel, wie es mit dem großen roten Fleck aussieht. Laut dem sollte dieser um Mitternacht im Meridian stehen, was ich auch gleich Gerald mitteilte.
Nach dem Deja vu ging ich wieder auf die Terrasse und visierte den Riesenplaneten an. Vom großen roten Fleck war aber nichts zu sehen; zu geringe Vergrößerung? Ich schnallte den großen auf die Lafette aber wieder nix. Da rief ich Gerald an und die sahen auch nix. Die hatten aber inzwischen offensichtlich mit Sepp telefoniert und der verriet ihnen, daß die Angaben bei älteren Versionen nicht immer stimmen. Bei Stellarium war es übrigens das gleiche. Cal Sky war das Zauberwort und tatsächlich hinkte die Realität den beiden Programmen um fast zwei Stunden hinterher. Nicht um Mitternacht, sondern um 2 Uhr, genau um 1 Uhr 55 ging der große Fleck demnach durch den Meridian, also noch etwa 1 ½ Stunden Zeit. Aber schon um 1 Uhr sollte sich der Fleck weit genug vom Horizont Gelöst haben, um ihn zu Gesicht zu bekommen. Gerald versprach mir, mich sofort anzurufen, wenn er etwas Verdächtiges sehen würde.
In der Zwischenzeit holte ich mir noch ein Bier, rauchte mir eine Moods an und starrte unbewaffnet in den Mondlichtüberfluteten Nachthimmel. Die Grenzgröße festzustellen machte wenig Sinn, da durch den Mond ohnehin nur die hellsten Sterne zu sehen waren. Trotz der lauen Nacht war das Seeing supa, es erlaubte volles Maximum also her mit dem 5 mm Okular und schon gab ich mir Jupiter mit 200 facher Vergrößerung. Da gab es kein flackern und die vier galileischen Monde standen wie weiße Stecknadelköpfe um den Gasriesen, Ganymed und Europa westlich, Kallisto und Io, schräg untereinander, östlich von ihm.
Um 0 Uhr 53 läutete mein Handy: „Wia sehn eam!“ – und somit heftete ich mich auch wieder hinters Okular. Für den ersten Moment sah ich nichts, aber wahrscheinlich deswegen, weil ich zu lange auf den Mond gestarrt hatte.
Je länger ich schaute, desto mehr Details kamen heraus. Schon bald konnte ich ihn als blassen orangen Fleck sehen. Der war gegenüber seiner Umgebung natürlich dunkler. Wenn er wieder vom Wolkenband umgeben ist, erscheint er dagegen heller, wie Gerald bemerkte. Wir beide schilderten uns gegenseitig, was wir alles sahen. Ein weißer Knoten am oberen breitenBand war mir vorher schon aufgefallen. Die Polbereiche waren in leichtes grau getaucht. Zwischen dem Nordpol und dem breiten Band war ein schmales dunkles Band, welches in der Mitte einen dunklen Knoten hatte. Kurt rief was von einer hellen Stelle in der Mitte des breiten Wolkenbandes, welche gut zu erkennen war. In Höhe des roten Flecks zog von Westen ein schmales blass graues Wolkenband herein, aus dem sich in den nächsten Wochen sicher wieder das südliche breite Wolkenband bilden wird. Zwischen der Südpolregion und dem roten Fleck war außerdem noch ein schmales Band zu erkennen, welches in Höhe des roten Flecks etwas breiter war. Nachdem ich das ganze skizziert hatte, packte ich zusammen und ging schlafen.
Am Sonntag nach dem Mittagessen stellte ich nochmals den großen auf die Terrasse um unser Tagesgestirn zu betrachten, die war aber wieder mal blütenweiß.



Bild

So hab ich Jupiter gesehen, ich hoffe er gefällt euch
Zuletzt geändert von Alrukaba am 27.09.2010, 21:58, insgesamt 2-mal geändert.
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Beitrag von rorma »

Lieber Alex,


jetzt hast wieder ein neues Talent offenbart, nicht nur, dass du super Berichte verfasst - jetzt gibts auch noch gute Zeichnungen dazu - sehr gut.

Habe jetzt zwar auch schon viel beobachtet, komme halt momentan nicht sehr viel zum Schreiben, aber meinem nächsten Bericht möchte ich auch einmal eine Zeichnung beifügen - da ich ja mit dem Fotografieren noch einige Zeit (bis zur vollständigen "Erstausstattung") warten muss.

Aber in der Zwischenzeit habe ich die Grundfeste, die Stromleitung usw. für mein Gartenobsi fertig - war also nicht ganz so faul.

HG und CS Robert
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Beitrag von Alrukaba »

Servus Robert!

Danke für das Lob, wenigstens hab ich beim zeichnen mehr Talent als beim Bilder einfügen. Irgendetwas hab ich bis jetzt falsch gemacht und man hat die Bilder nicht gesehen, weshalb ich sie wieder gelöscht habe. Gestern hab ich es anders gemacht und es hat geklappt. Auf unserer Hp kannst du noch mehr Zeichnungen sehen.
Du solltest deine Berichte bald nach der Beobachtung schreiben, da sind die Erinnerungen noch frisch. Mir fallen selber oft nach Tagen bei Gesprächen mit Mitbeobachtern noch Details ein, wofür es aber schon zu spät ist, da der Bericht schon Online ist. Ich hoffe wir lesen bald was von dir

Alex
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Christoph K.
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Beitrag von Christoph K. »

Hi Alex

Wiedermal super bericht von dir. Dismal kommt er mir sogar noch länger vor als sonst aber vielleicht liegt das auch daran dass ich vom handydisplay ablesen muss. Weil der computer... wie sollte es auch anders sein - spinnt! However. Du bist ja ganz schön ins philosophieren gekommen - das liegt sicher an den Fendrich-Schnulzen XD. Schöne Skizze übrigstens.

Lg. Christoph
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Beitrag von rorma »

Hallo Alex,


hast recht, man mus sich gleich daran setzen und sofort seine Gedanken niederschreiben, sonst wirds nichts.
Ich habe mir gerade anitquarisch einige Bücher des wirklich genialen Astronomen und möcht sagen Poeten - Bruno H. Bürgel besorgt - ein unglaubliches Leben (sein Buch mit dem Titel vom Arbeiter zum Astronomen) hat mich schwer beeindruckt und wird mir noch mehr ansporn für künftige Beobachtungen werden.
Auch seine Himmelskunde Bücher obwohl alt zeigen wie weitsichtig er als Astronom gearbeitet hat - dies nur am Rande.

@ Christoph - was treibst den immer mit deine PCs :wink:
Wie schreitet der Sternwartenbau voran :?:


HG und CS an Euch


Robert
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Beitrag von Alrukaba »

Servus Christoph!

Danke erst mal. Das philosophieren lag sicher weniger an den Fendrich - Schnulzen sondern eher an der Flasche Wein, die ich am Samstag Abend getrunken habe. Hab mich auch gewundert, was man nicht alles über zwei Objekte schreiben kann. Aber vielleich liegt es auch daran, das ich mir zu selten für ein einzelnes Objekt so lange Zeit nehme.
Sag hast du ein Computerproblem oder er mit dir :lol:

Robert - klingt interessant das Buch. Ich muß mal nachgoogeln, ob es das noch irgenwo gibt

Alex
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Beitrag von Josef »

Saubere Sache Alex!

Immer wieder ein Genuss!
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Beitrag von rorma »

Hallo Alex,


Buch gibts antiquarisch auf Amazon.


CS Rob
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Beitrag von Alrukaba »

Sepp, danke für die Blumen.

Robert, danke für den Tip. Ich hab gestern auf Ebay 5-6 verschiedene Exemplare gefunden

Alex
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Beitrag von rorma »

Hallo Alex,


besitze mittlerweile einige Werke von Bruno H. Bürgel (denn ich schon viele Jahre verehre).
- Aus fernen Welten
- Vom Arbeiter zum Astronomen
- Du und das Weltall
- Der Komet Halley
- Die kleinen Freuden
- Der Mensch und die Sterne
- Bürgels Himmelskunde - Entdeckungsreisen zu fernen Welten

es gäbe ja noch mehr, schön langsam sammle ich sie alle ein :)

Obwohl viele Bücher so ab 1900 entstanden sind, sein gefühlvoller Schreibstil und und und - haben mich schon als 16-jährigen Begeistert und waren auch ausschlaggebend, dass ich damals mit der Astronomie in Berührung gekommen bin.


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